Alkohol
Bei Vieltrinkern leidet das Gedächtnis
Die Schüchternheit verfliegt, die höfliche Zurückhaltung auch. Alkohol verändert den Menschen, er schickt ihn in ein Hochgefühl, das direkt im Hirn entsteht. Der Stoff heftet sich an dieselben Bindungsstellen wie das bekannte Beruhigungsmittel Valium.
Daneben sorgt er dafür, dass das Gehirn Dopamin ausschüttet, einen Nervenbotenstoff, der eine Art Vorfreude hervorruft. Was die Menschen für den Moment so positiv stimmt, kann dem Gehirn auf Dauer schaden.
Britische Forscher haben jetzt in Zahlen gefasst, wie sehr Gedächtnis und Denkleistungen bereits bei Menschen im Alter von rund 40 bis 60 Jahren unter Alkohol leiden können. Trinken Männer mehr als zehn Jahre lang viel Alkohol, entspricht ihre Gedächtnisleistung demnach der eines sechs Jahre älteren moderaten Trinkers.
Logisches Denken und ähnliche Fähigkeiten altern in denselben zehn Jahren quasi um zwölf Jahre, berichten die Forscher um Séverine Sabia vom University College London in der Fachzeitschrift "Neurology".
Dass sich ein regelmässiger höherer Alkoholkonsum negativ aufs Hirn auswirkt, ist keine Überraschung. Bisher wurde der Einfluss auf die geistige Leistung allerdings vor allem bei älteren Menschen untersucht.
"Unsere Studie hat sich nun auch mit Teilnehmern im mittleren Alter beschäftigt. Sie liefert Hinweise darauf, dass starkes Trinken mit einem schnelleren Rückgang aller kognitiven Funktionen bei Männern zusammenhängt", sagt Sabia in einer Mitteilung.
Für ihre Studie befragten die Wissenschaftler 5054 Männer und 2099 Frauen innerhalb von zehn Jahren dreimal zu ihren Trinkgewohnheiten. Anschliessend machten die Forscher mit den Teilnehmern Gedächtnis- und andere Leistungstests.
Diese Tests wurden innerhalb der nächsten zehn Jahre noch zweimal wiederholt, so dass die Forscher insgesamt 20 Jahre lang Daten sammelten. Zu Studienbeginn waren die Teilnehmer im Schnitt 46 Jahre alt. Zwischen Nichttrinkern und Menschen mit moderatem Alkoholkonsum fanden die Forscher keine Unterschiede.
Auch bei den Frauen konnten die Forscher keine negativen Auswirkungen des Trinkens auf das Gedächtnis und andere Hirnfunktionen ausmachen. Allerdings umfasste die Studie zu wenige weibliche Trinker, um die Auswirkungen ähnlich umfassend zu untersuchen wie bei den Männern, sagt Sabia.
Als Vieltrinker galten in der Studie Männer, die täglich mehr als 36 Gramm Alkohol konsumierten, was etwa 0,37 Liter Wein oder 0,85 Liter Bier entspricht. Allerdings schwankten die Trinkgewohnheiten der Männer in dieser Gruppe sehr. Die Studienteilnehmer konsumierten zum Teil das bis zu Dreifache des Schwellenwerts.