50 PLUS LEBEN
Keine Altersgrenze für ein aktives Liebesleben
Noch immer ist - vor allem bei jüngeren Menschen - die Ansicht weit verbreitet, dass Sexualität für Frauen kaum noch ein Thema sei, sobald die Familienplanung abgeschlossen oder die Menopause erreicht ist. Bei Männern herrscht die Meinung vor, dass neben dem schwindenden Interesse an sexuellen Aktivitäten auch die Erektionsfähigkeit deutlich nachlässt.
Dieser Eindruck wird nicht zuletzt auch dadurch verstärkt, dass Erotik in der Werbung und in den Medien überwiegend mit Jugend assoziiert wird. Realistisch ist dieses Bild allerdings nicht. So kam beispielsweise eine amerikanische Studie zu dem Ergebnis, dass in einer Gruppe von Personen mit einem Durchschnittsalter von 86 Jahren immerhin 64 Prozent der Frauen und 82 Prozent der Männer angaben, noch regelmässig sexuelle Kontakte zu haben.
Aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang auch die Ergebnisse einer in Österreich durchgeführten Umfrage. Dabei wurden die Teilnehmer gebeten, das Alter anzugeben, bis zu dem sie nach eigener Einschätzung maximal sexuell aktiv sein werden. Während die 18- bis 29-Jährigen im Schnitt eine Altersgrenze von 67,7 Jahren nannten, gaben die 60- 69-Jährigen im Schnitt immerhin eine Altersgrenze von 74,8 Jahren an - also deutlich mehr als der Gesamtdurchschnitt, der bei 71,8 Jahren lag.
Geschlechtskrankheiten: Fallzahlen bei über 50-Jährigen verdoppelt
Sowie die Themen Lust und Sexualverhalten für die Altersgruppe 50plus unterschätzt, verhält es sich auch mit dem Risiko der Ansteckung mit einer Geschlechtskrankheit. Besonders drastisch machen das die Ergebnisse deutlich, zu denen eine kürzlich im Student British Medical Journal (Student BMJ) publizierte Untersuchung gelangte. Demnach hat sich die Zahl sexuell übertragbarer Erkrankungen in der Altersgruppe von 50 bis 90 Jahren innerhalb des letzten Jahrzehnts verdoppelt.
Eine starke Zunahme ist dabei nicht nur bei Syphilis, Gonorrhoe (Tripper) und Chlamydien-Infektionen zu beobachten, sondern auch bei den neu diagnostizierten HIV-Fällen. In den USA wurden ähnliche Entwicklungen beobachtet. So stieg dort beispielsweise die Zahl der Syphiliserkrankungen bei 55- bis 64-Jährigen innerhalb von 5 Jahren um 70 Prozent an, während sie in der Gesamtbevölkerung nur um 60 Prozent zunahm.
Mögliche Ursachen für steigende Infektionszahlen
Die genaue Ursache dieser starken Zunahme von sexuell übertragbaren Krankheiten bei über 50-Jährigen ist den Forschern zufolge noch nicht abschliessend geklärt. Einige Vermutungen konnten die Experten bereits aufstellen. Beispielsweise sei bekannt, dass Frauen nach den Wechseljahren für sexuell übertragbare Krankheiten anfälliger seien als zuvor.
Bei Männern hingegen ist seit einigen Jahren festzustellen, dass Impotenz-Patienten, die auf Potenzmittel zurückgreifen, im ersten Jahr der Behandlung ein besonders grosses Risiko sexuell übertragener Erkrankungen aufweisen. Das ist ein klares Indiz dafür, dass die Häufigkeit sexueller Kontakte dabei eine entscheidende Rolle spielt. Als weitere Gründe kommen die höhere Lebenserwartung, der gesündere Lebensstil und die daraus resultierende höhere Fitness im Alter und der medizinische Fortschritt infrage.
Prävention notwendig: Ärzte und Patienten in der Pflicht
Experten fordern, dass Ärzte noch mehr gefragt sind mit ihren älteren Patienten über das Thema Safer Sex zu sprechen. Insbesondere bei männlichen Patienten, die zur Konsultation aufgrund einer Erektionsstörung einen Arzt aufsuchen, sollten erneut aufgeklärt werden.
Auch gebe es in diesem Bereich noch Forschungsbedarf, weil die Wissenschaft das Thema Sex im Alter über lange Zeit hinweg vernachlässigt habe. Wichtig ist in jeden Fall, einer Ansteckung so gut wie möglich vorzubeugen. Ungeschützter Sex mit wechselnden oder unbekannten Partnern ist einer der Hauptinfektionswege für sexuell übertragbare Krankheiten und im Alter nicht weniger riskant als in jungen Jahren.
Wer im Alter noch einmal auf Partnersuche geht oder generell ein etwas freizügigeres Sexualleben führt, sollte daher nicht weniger Wert auf den Gebrauch von Kondomen legen. Eine entsprechende Intimhygiene ist dabei unerlässlich. Zudem ist auf den korrekten Schutz bei jeglicher sexueller Aktivität zu achten – ob Genital-, Oral- oder Analverkehr - Entscheidend ist der Schleimhautkontakt.
Machen sich Symptome wie Hautveränderungen, Ausschläge, Ausfluss, Schmerzen im Genitalbereich oder Ähnliches bemerkbar, sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Sinnvoll ist es dabei auch, explizit das Thema Geschlechtskrankheiten anzusprechen. Denn leider unterschätzen auch viele Mediziner die entsprechenden Risiken bei älteren Menschen, was dann häufig zu verspäteten Diagnosestellungen führt und eine frühzeitige Behandlung unmöglich macht.
Lesen Sie mehr unter: