Persönlichkeitsmerkmal
Narzissmus in der Beziehung von Mutter und Tochter
Was ist Narzissmus
Unter Narzissmus versteht man in Anlehnung an den griechischen Mythos, wenn eine Person in krankhaftem Mass in sich selbst verliebt ist, so dass keine Liebe für andere Menschen übrig bleibt. Dabei hat sich heute die Ansicht durchgesetzt, dass der Narzisst nicht einmal sich selbst liebe, ja gar nicht zu Liebe fähig sei. Bleiben wir bei dem Bild der griechischen Mythologie, in dem Narziss sich in sein Spiegelbild verliebt, denn es scheint tatsächlich die Realität dieser Krankheit abzubilden. Nicht in sich selbst, sondern in sein Spiegelbild, genauer gesagt, in ein idealisiertes Bild seiner Selbst, ist der Narzisst verliebt und er arbeitet hart daran, diese Illusion aufrechtzuerhalten.
Narzisstische Mütter
"Die höchste und tiefste Liebe ist die Mutterliebe", sagte Ludwig Feuerbach, eine Mutter mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung kann dieses Ideal nicht erfüllen. Da Mutterliebe als besonders rein gilt, übersieht man schnell, dass manche Mütter ihre Kinder emotional missbrauchen. Das Kind wird zum leicht verfügbaren Opfer, mit dessen Erniedrigung sich die Mutter selbst aufzuwerten versucht. Ein Kind kann sich aus dieser Notlage nicht befreien, es gibt kein Entkommen. Menschen, die so etwas erfahren haben, leiden oft ein Leben lang. Sie sind unsicher und haben häufig Angst zu versagen. Als Erwachsene geraten sie an narzisstische Partner, die ihnen vorschreiben, wie sie zu sein haben und mit denen sie das in der Kindheit erlernte Verhältnis der Abhängigkeit fortsetzen. Schliesslich wurde ihnen stets eingebläut, dass sie selbst wertlos seien.
Narzissten kontrollieren ihr Umfeld zu jeder Zeit. In betroffenen Familien entsteht über viele Jahre ein Gebilde aus Lügen. Ein solches Gebilde einstürzen zu lassen ist äusserst schwierig für Betroffene, da sie dabei auf grossen Widerstand stossen, es wird von dem Narzisst mit allen Mitteln verteidigt. Auch das Ideal der Mutter muss von ihrem Sockel gestossen werden, was die Aufklärung umso schwieriger und unglaubwürdiger macht. Narzissten sind hervorragende Schauspieler, denn es ist ihre wichtigste Aufgabe dafür zu sorgen, dass ihr mühsam gestaltetes Bild ihrer selbst keine Risse bekommt. In der Öffentlichkeit können sie ihre Kinder vermeintlich liebevoll umarmen, während zu Hause der Umgang kalt und lieblos ist. Wir kennen eine solche Mutter nur aus Märchen. Da jedoch auch schon zu Zeiten der Gebrüder Grimm, niemand so recht glauben wollte, dass eine leibliche Mutter ihrem eigenen Kind Schaden zufügen könne, wurde diese Figur aus der Erzählung zur Stiefmutter umgeschrieben. Das Thema wird tabuisiert, weil es für viele schwer vorstellbar ist, dass Mütter zu solchen Grausamkeiten fähig sind.
Töchter narzisstischer Mütter trifft es am härtesten
In einer Mutter-Tochter-Beziehung sind die Folgen für das Kind häufig besonders gravierend. Für die Mutter ist die Tochter ein weiterer Spiegel ihrer selbst. Die Mutter projiziert ihre eigenen Wünsche und ungelebten Anteile auf die Tochter und sieht später sogar eine Konkurrentin in ihr. Hinzu kommt der Neid auf die Jugend und Schönheit der Tochter, daher muss diese von der Mutter abgewertet werden, ist sie doch schliesslich selbst "die Schönste im Land" und auf jedem Gebiet besser als ihre Tochter. Erfolge der Tochter versucht die Mutter sich zu eigen zu machen, damit alles positive auf sie selbst zurückfällt. Neben der Mutter darf die Tochter nicht glänzen.
Die Scham der Betroffenen sitzt tief. Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung haben oft ein sehr feines Gespür dafür, wo andere Personen ihre Schwächen haben und wie sie am besten zu treffen sind. Gibt es mehrere Kinder in der Familie, kommt es häufig vor, dass ein Kind stark bevorzugt und dadurch das andere umso härter abgewertet und zum Sündenbock wird. Söhnen kommt dabei öfter die Rolle eines "goldenen Kindes" zu, der Tochter die Rolle des Opferlamms. Hat das Kind keine Geschwister, wird es mit anderen Kindern verglichen, um ihm so klar zu machen, wie wertlos es ist. Die Gedemütigten beginnen früher oder später die Schuld bei sich selbst zu suchen. "Die Mutter liebt mich nicht, mit mir muss etwas nicht stimmen." Das Erzeugen von Schuldgefühlen ist typisch für Beziehungen mit narzisstischen Personen. Ein weiterer Mythos, nämlich der des Vampirs, zeigt, dass die Schuld alleine bei dem narzisstischen Elternteil liegt. Er "saugt" das Kind aus und wird regelrecht süchtig danach, er nimmt dem Kind Lebenskraft in Form von Aufmerksamkeit. Dem Narzisst mangelt es völlig an Empathie, um sich in die Lage des Kindes zu versetzen oder Mitleid mit ihm zu haben. Menschen, die mit einem solchen Bindungstrauma aufgewachsen sind, benötigen viel Hilfe, um ein Leben in Freiheit führen zu können.