Antidepressiva: Die Pille gegen die Einsamkeit

Soziale Isolation macht traurig - und depressiv. Je einsamer sich alte Menschen fühlen, desto eher nehmen sie Psychopharmaka ein.
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Medikamente helfen nicht gegen Einsamkeit, soziale Kontakte aber schon.

Wissenschaftler empfehlen daher soziale Netzwerke.

Ältere Menschen, die sich sehr einsam und sozial isoliert fühlen, greifen eher zur Pille gegen die Einsamkeit als jene ohne starke Einsamkeitsgefühle, schreibt die Ärztezeitung.

Dies ist das Ergebnis der ESTHER-Kohortenstudie, die beim Deutschen Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Heidelberg vorgestellt wurde (ESTHER: Epidemiologische Studie zu Chancen der Verhütung, Früherkennung und optimierten Therapie chronischer Erkrankungen in der älteren Bevölkerung).

«Zwar wusste man schon, dass die Einnahme von Psychopharmaka im Alter häufig ist», sagte die Ärztin Dr. Friederike Böhlen aus Heidelberg. Nach Erhebungen nimmt fast jeder vierte ältere Mensch Antidepressiva sein.

Doch sei bislang nicht bekannt gewesen, dass Einsamkeit über depressive Symptome hinaus als eigenständiger Faktor eine Rolle spiele. Diese Fragestellung hat die Heidelberger Medizinerin untersucht.

In der populations-basierten Studie wurde der Grad der Einsamkeit bei 3124 älteren Menschen während eines Hausbesuchs im Verlauf von acht Jahren mit einer speziellen Messmethode, der UCLA-loneliness-scale gemessen und der Psychopharmaka-Konsum von den Studienärzten erfasst.

Zwei Subgruppen mit unterschiedlicher Ausprägung der Einsamkeit wurden im Hinblick auf ihren Psychopharmaka-Konsum verglichen. Dabei zeigte sich, dass ältere Menschen mit einem hohen Grad an Einsamkeit signifikant häufiger Psychopharmaka einnehmen als weniger Einsame, nämlich 29,5 Prozent versus 16,9 Prozent.

«Der Konsum von Psychopharmaka war positiv assoziiert mit dem Grad der Einsamkeit», resümierte die Medizinerin, auch nach Adjustierung für somatopsychische Komorbiditäten und psychosoziale Faktoren.

Je nach Studie klagen fünf bis 20 Prozent der Senioren in Deutschland über starke Einsamkeit, wobei Männer und Frauen im Alter etwa gleich häufig davon betroffen seien, wie Professor Karl-Heinz Ladwig von der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum rechts der Isar in München berichtet hat.

Frauen hätten zwar deutlich mehr Risikofaktoren für Einsamkeit als Männer. So seien sie häufiger verwitwet und auch häufiger körperlich gebrechlich, was ihre Kontaktmöglichkeiten einschränke.

Doch würden diese Risikofaktoren von ihnen besser kompensiert als von Männern. Der beste Schutz vor Einsamkeit ist ein gutes Netzwerk mit Sozialkontakten, wie Ladwig in einer epidemiologischen Untersuchung mit über 1000 Probanden bestätigt sah. Dabei spiele es keine Rolle, ob sie alleine leben oder nicht.


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