Stellenverlust
Das Selbstvertrauen bewahren trotz Kündigung
Sie fürchten, gänzlich den Anschluss zu verlieren, schreibt Matthias Müller auf «nzz.ch».
"Die Trennung war furchtbar und glich einer Scheidung", sagt Urs M. im Rückblick auf seine Entlassung. 21 Jahre blieb der 56-Jährige dem Arbeitgeber treu und hatte bei seinem erzwungenen Abschied eine leitende Funktion inne. Anzeichen für eine Kündigung habe es zuvor keine gegeben, sagt Meier.
Er frage sich noch immer, warum es so weit kommen musste. Inzwischen kann er zwar wieder mit einer Prise Humor über die schmerzhafte Erfahrung erzählen - nachdem er acht Monate gesucht hatte, wurde er auf dem Arbeitsmarkt fündig.
Narben habe die Entlassung dennoch hinterlassen, wie er eingesteht. Wer so lange für ein und denselben Arbeitgeber tätig war, verliert durch die Kündigung ein vertrautes und bisweilen sogar familiäres Umfeld. Die Situation erinnert in Teilen an Liebeskummer.
Meier befand sich in einem kritischen Alter, als er das Kündigungsschreiben erhielt. Die öffentlichen Diskussionen in den vergangenen Monaten haben den Eindruck erweckt, als ob die Chancen der Generation 50plus am Schweizer Arbeitsmarkt drastisch gesunken seien.
Allerdings lässt sich diese These nicht mit Zahlen belegen. Die Arbeits- und die Erwerbslosenquote dieser Altersgruppe sind niedriger als jene der jüngeren Arbeitnehmer. Allerdings zeigt der Fall von Urs Meier auch, dass Ältere zwar seltener entlassen werden. Verlieren sie jedoch ihre Stelle, fällt es ihnen deutlich schwerer als jüngeren Kollegen, am Arbeitsmarkt wieder unterzukommen.
Laut dem Leiter der Direktion für Arbeit beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), Boris Zürcher, sind ältere Arbeitnehmer durchschnittlich zehneinhalb Monate arbeitslos, Jugendlichen suchen dagegen im Durchschnitt nur drei Monate einen neuen Job. Die öffentliche Aufmerksamkeit für dieses Thema ist dem Umstand geschuldet, dass die Babyboomer inzwischen dieser "kritischen" Altersgruppe 50plus angehören.
Der Höhepunkt der Schweizer Geburtenrate liegt ein halbes Jahrhundert zurück: 1964 kamen so viele Menschen wie nie zuvor in der Schweiz auf die Welt. Und diese Gruppe verschafft sich im Zuge öffentlicher Diskussionen nun Gehör. Zudem hat der Wind am Arbeitsmarkt gedreht. Als sie vor zwei bis drei Jahrzehnten ihre Karrieren begannen, war Konkurrenz fast ein Fremdwort.
Damals kamen wegen der Kontingentsysteme geringqualifizierte ausländische Arbeitskräfte in die Schweiz. Sie übten kaum Druck auf die besser qualifizierten Einheimischen aus. Ausländische Erwerbstätige wiesen und weisen denn auch höhere Erwerbslosenquoten auf.
Sie standen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten schnell auf der Strasse und mussten bei einem entsprechenden Status das Land verlassen. Als die Schweizer Wirtschaft in den neunziger Jahren darbte, verringerte sich zwischen 1991 und 1997 die Zahl an - erwerbstätigen - Saisonniers um 73 Prozent; der Bedarf an Grenzgängern ging in diesem Zeitraum um ein Viertel zurück.