SELBSTÄNDIGKEIT
Jetzt ist die Zeit, Unternehmer zu werden
Zwischen 45 und 55 Jahren trifft uns die Krise am meisten: Jetzt, in der Lebensmitte, ziehen wir unweigerlich Bilanz. Wir werden uns verpasster Chancen sowie geplatzter Träume und Visionen bewusst. Viele persönliche Interessen konnten wir bisher nicht ausleben, manches haben wir aus Rücksicht auf andere, zum Beispiel auf die Familie, nicht verwirklicht.
Nach zwanzig oder dreissig Jahren im Arbeitsleben drängen sich plötzlich unangenehme Fragen auf: "War es das nun?" oder "Was mache ich die nächsten Jahre?" Manchmal entsteht das Gefühl, dass man im Leben doch etwas ganz anderes hätte tun sollen.
Kommt dazu, dass einige bereits ihre Leistungsfähigkeit schwinden spüren, andere sich im Job dauernd überfordert fühlen oder einen Karriereknick nicht verdauen konnten. Manche spüren ohne sichtbaren äusseren Zwang den Wunsch, noch etwas Neues anzufangen.
Andere verlieren ihre Stelle und nehmen diesen Einschnitt zum Anlass, sich völlig neu auszurichten - und wählen den Schritt in die Selbständigkeit. Sie werden Unternehmer. Dieser inneren "Unruhe" kommt der wichtige Trend in der Wirtschaft entgegen, wonach sich die bestehende Industrie-/Angestelltenkultur im kommenden Jahrzehnt massgeblich wandeln und im Jahr 2020 Projektarbeiter, Jobnomaden und Patchwork-Biografien das Bild der Arbeitswelt prägen werden.
Keine 38-Stunden-Woche mehr
Konkret: Der Anteil jener Menschen, die in befristeten Verträgen arbeiten, wird in den kommenden Jahren deutlich auf bis zu 40 Prozent der arbeitenden Bevölkerung ansteigen.Die Folge ist eine neue Generation der Projektarbeiter, die ihr Arbeitsleben nicht mehr als lineare Karriere innerhalb eines Unternehmens verstehen, sondern die gewohnt sind, in Projekten zu arbeiten.
Jedes Projekt hat einen Beginn und ein Ende, ein unterschiedliches Ziel und einen anderen Weg, den das Projektteam gehen muss, um dieses Ziel zu erreichen. Jedes Projektteam besteht ausserdem aus unterschiedlichen Personen, die motiviert und koordiniert zusammen arbeiten und Verantwortung für ihren jeweils eigenen Projektbereich tragen.
Jedes Projekt hat ein eigenes Budget, das geplant und eingehalten wird, und Investitionen, die innerhalb des Projektzeitraums zum Return-on Invest geführt werden müssen. Diese Projektarbeiter kennen keine 38-Stunden-Woche, keine geregelte Kaffee-und Mittagspause, keine Hausschuhe im Büro, keine Prämie oder Lohnsteigerung aufgrund langjähriger Betriebszugehörigkeit.
Im Gegenteil: Sie wechseln ihre Arbeitgeber oft und schnell. Wie schreibt Günter Faltin in seinem Buch "Kopf schlägt Kapital": "Nie waren die Bedingungen, eigene Ideen erfolgreich umzusetzen, so günstig wie heute." Moderne Märkte, Dienstleister und Internet ermöglichen es kleinen Firmen und Ein-Frau/Mann-Unternehmen, mit kalkulierbarem finanziellem Einsatz marktfähig zu werden.
Auf die innere Stimme hören
Trotz allem: Der Schritt in die Selbständigkeit im reifen Alter ist eine Herausforderung. Und vor allem: Es braucht MUT, sich in ein kalkulierbares Risiko zu stürzen. Hans W. Tanner, Kaderselektion und Outplacementberater hat bei vielen Angestellten und Kaderleuten festgestellt, dass sie sich nur unter Druck aus ihrer Komfort- und Sicherheitszone bewegen und sie durchbrechen.
Wichtig sei auch das familiäre Umfeld, die Ehefrau oder Partnerin muss die finanziellen und zeitlichen Belastungen mittragen und hinter der beruflichen Veränderung stehen. Bei aller "Aufbruchstimmung" gilt aber auch: Ist man von sich und seiner Idee nicht überzeugt, sollte man es lassen!
Peter Haas, Managementcoach und psychologischer Berater, rät in dieser Situation: "Da nicht jeder das unternehmerische Gen in sich trägt, sollte er sich Unterstützung von Spezialisten holen oder einen Partner, der ihn mit dem fehlenden Know how ergänzt und unterstützt."
Wichtig für den Entscheid ist somit: auf die innere Stimme und seine Intuition hören, konkret planen sowie Schritt für Schritt die eigenen Pläne, Träume und Visionen umsetzen. Und: bei Bedarf Unterstützung oder einen Partner dazuholen, der mit Wissen und Tipps ergänzt.
Denn Ideen für ein Unternehmen zu haben ist das eine, diese umzusetzen das andere. Daran scheitern die meisten Neugründungen.